Leiser Auftritt für Siri
Während der Keynote erwähnte Federighi Siri nur in einem einzigen Satz und verwies auf die „hohe Qualitätsschwelle“ von Apple. Damit bestätigte er indirekt, dass der Konzern sein Versprechen aus dem Vorjahr nicht einhalten kann und Investoren weiterhin auf greifbare Ergebnisse warten müssen. Damit verschärft sich der Druck, in kurzer Zeit sichtbare Fortschritte vorzuweisen. Zugleich versicherte er jedoch, dass intern bereits „greifbare Durchbrüche“ erzielt wurden, die bald in eine erste Entwickler-Beta einfließen sollen.
Qualitätsprobleme hinter den Kulissen
Interne Tests sollen gezeigt haben, dass die überarbeitete Siri lediglich in zwei von drei Fällen korrekt reagiert. Diese Quote liegt deutlich unter Apples Vorgaben und zwang das Unternehmen im März zu einer offiziellen Verschiebung; gleichzeitig wurde das Führungsteam umstrukturiert. Die Entwicklerabteilungen kämpfen Berichten zufolge vor allem mit der Kontextbeständigkeit der Modelle.
Strategische Neuaufstellung
Statt John Giannandrea leitet nun Vision-Pro-Veteran Mike Rockwell die Siri-Einheit. Das personelle Signal deutet darauf hin, dass Apple seine Sprachassistenz stärker mit räumlichem Computing und Multimodalität verknüpfen will – einen Bereich, in dem Vision Pro bereits Erfahrung liefert. Insbesondere die Kombination von KI und räumlicher Wahrnehmung soll Siri künftig von Konkurrenzlösungen differenzieren.
Partnerschaft mit OpenAI
Um die Funktionslücke kurzfristig zu schließen, integriert Apple die ChatGPT-API: Unbeantwortete Siri-Anfragen werden optional an den Dienst weitergeleitet, und die Bildgenerierung in „Image Playground“ basiert künftig ebenfalls auf ChatGPT-Modellen. Nutzerdaten sollen dabei nur nach ausdrücklicher Zustimmung geteilt werden. Apple positioniert die Kooperation als Übergangsschritt, bis eigene Modelle dasselbe Qualitätsniveau erreichen.
Chancen für Entwickler
Trotz des Siri-Aufschubs öffnet Apple erstmals seine On-Device-Foundation-Modelle für Drittanbieter-Apps. Entwickler erhalten Zugriff auf Live-Übersetzungen, KI-gestützte Code-Vervollständigung in Xcode und einen „Workout Buddy“ für die Apple Watch. Diese Bausteine könnten das Ökosystem schrittweise auf eine spätere Siri-Neuvorstellung vorbereiten. Dadurch könnte sich bereits vor der Siri-Renaissance ein eigenes KI-Ökosystem mit Apple-spezifischen Workflows etablieren.
Blick nach vorn
Federighi versprach, im „kommenden Jahr“ mehr zu zeigen – realistisch scheint jedoch ein Launch frühestens zur WWDC 26. Bis dahin muss Apple beweisen, dass es mit dem rasanten Innovationstempo im KI-Sektor Schritt halten kann und die Verzögerung nicht zu weiterem Vertrauensverlust führt. Analysten halten deshalb die WWDC 26 für einen entscheidenden Testlauf der gesamten KI-Strategie des Konzerns.
KI-Wettlauf
Branchenanalysten erwarten, dass Apple die Verzögerung nutzt, um seine KI-Kerntechnologien weiter zu optimieren – nicht zuletzt, weil der Wettbewerb rund um ChatGPT das Innovationstempo kontinuierlich erhöht. Gleichzeitig soll die zusätzliche Entwicklungszeit dazu dienen, neue energieeffiziente Beschleunigerchips zu testen, die KI-Aufgaben direkt auf dem Gerät ausführen können. Gelingt dieser Schritt, könnte die nächste Siri-Generation nicht nur natürlicher kommunizieren, sondern auch anspruchsvolle Aufgaben vollständig offline erledigen.